Betroffene einer Hirnverletzung müssen lernen, im Alltag verschiedene Herausforderungen zu meistern. Damit dies gelingt, ist die Unterstützung durch Fachpersonen zentral. Birgit Hohnecker ist diplomierte Fachpsychologin für Neuropsychologie, Klinische Neuropsychologin und Gesprächspsychotherapeutin und arbeitet in der Rehaklinik Zihlschlacht. Im Interview mit FRAGILE Suisse erzählt sie, wie Fachpersonen Betroffene auf die Rückkehr in den Alltag vorbereiten können.
Birgit Hohnecker, wie erleben Betroffene ihre Hirnverletzung und mit welchen Problemen werden sie im Alltag konfrontiert?
Je nach Einschränkung werden sie mit den unterschiedlichsten Herausforderungen im Alltag konfrontiert. Bei körperlichen Beeinträchtigungen sind die Betroffenen in ihrer Mobilität teilweise deutlich eingeschränkt und eventuell sogar auf Hilfe von anderen angewiesen. Manche empfinden Scham oder fühlen sich in der Gesellschaft nicht ausreichend integriert.
Bei kognitiven Defiziten sieht man den Betroffenen meist nichts an. Dies führt dazu, dass sie von anderen nicht gleichermassen wahrgenommen werden und es zu Überforderungen und/oder Falscheinschätzungen kommen kann. Oftmals erzählen Betroffene daher, dass sie sich wünschen würden, körperliche Beeinträchtigungen zu haben, um nicht in die Rechtfertigung bezüglich Erwartungshaltung zu kommen.
Welche unterstützenden Massnahmen helfen den Betroffenen, den Alltag mit all seinen Veränderungen zu meistern?
In erster Linie helfen den Betroffenen die entsprechenden Therapien, um ihre Beeinträchtigungen zu verbessern bzw. mit den Einschränkungen besser zurecht zu kommen. Im fortgeschrittenen Genesungsprozess hilft dann oft auch der Austausch in Gesprächsgruppen mit Anderen, die sich in ähnlichen Situationen befinden. Viele sehen nur ihre eigenen Begebenheiten. Wenn sie jedoch erfahren, dass andere Betroffene mit ähnlichen Herausforderungen zu kämpfen haben, wirkt das für sie oftmals erleichternd.
Auf was sollten Fachpersonen im Umgang mit Menschen mit Hirnverletzung besonders achten, wenn es um den Transfer in den Alltag geht?
Es geht vor allem darum, die Betroffenen wahrzunehmen und sie bei den Tätigkeiten zu unterstützen, die ihnen in dem Moment wichtig sind. Dabei ist aber auch Flexibilität von Seiten der Fachpersonen gefragt, da sich die Wichtigkeit von Zielen ändern kann.
FRAGILE Suisse bietet verschiedene Arten von Weiterbildungen für Fachpersonen an, in denen diese und weitere wichtige Fragen zur Arbeit mit Menschen mit Hirnverletzung vertieft werden. Eine Übersicht finden Sie hier.