«Im Jahr 2021 erlitt ich ein Schädel-Hirn-Trauma. Damals war ich erst 21 Jahre alt und hatte mich mit Freunden in einem Nachtclub verabredet. Ich kann mich überhaupt nicht daran erinnern, was passiert ist. Man fand mich mitten auf der Strasse, die am Quartier du Flon in Lausanne vorbeiführt und nahm an, dass ich von irgendwoher heruntergefallen war. Eine meiner Rippen und mein Becken waren gebrochen. Ich kam nach drei Monaten im Koma in Lausanne wieder zu Bewusstsein. Ich schloss meine Augen und als ich sie wieder öffnete, war ich in der Rehabilitationsklinik in Bellikon. Ich verstand nicht, was vor sich ging, es war sehr verwirrend. Am meisten beunruhigte mich, dass das Personal plötzlich Deutsch und nicht Französisch sprach.
Danach war ich Bewohner des Centre Rencontres in Courfaivre. Jetzt gehe ich drei Tage pro Woche dorthin, um meine Rehabilitation fortzusetzen, aber ich habe eine eigene Wohnung. Nach meinem Unfall hat sich mein Leben komplett verändert: Ich musste das Gehen neu lernen. Zuerst sass ich im Rollstuhl, dann benutzte ich eine Gehhilfe. Jetzt gehe ich mit einem Gehstock in der Wohnung. Mein Ziel ist es, wieder ohne zu laufen, auch wenn es mir nichts ausmacht, eine Hilfe zu haben. Es ist immer noch sehr praktisch.
Meine Hirnverletzung hat mein Leben auf den Kopf gestellt. Ich glaube, man kann sich gar nicht vorstellen, wie sehr. Mein Vater war ein echter Lebensretter: Er arbeitete für das Sozialamt und war daher gut informiert. Er war mir eine grosse Hilfe. Auch meine Freunde waren für mich da. Heutzutage helfen soziale Netzwerke dabei, in Kontakt zu bleiben. Dadurch können wir uns auch leichter organisieren, um uns zu treffen.
Als ich die Hirnverletzung erlitt, war ich Student an der Hotelfachschule in Lausanne und musste mein Studium abbrechen. Mein Ziel ist es, das Studium eines Tages wiederaufzunehmen, aber im Moment bin ich nicht in der Lage dazu. Ich habe mir ein neues Leben aufgebaut, das anders ist als jenes, das ich vor meiner Hirnverletzung hatte. Ich lerne, mit meinen Folgen und den Auswirkungen, die sie auf mein Leben haben, zu leben. Zum Beispiel ist es sehr schwierig, als Person mit eingeschränkter Mobilität auf Reisen zu gehen. Ich bin in meinem Leben sehr viel gereist und möchte dies auch weiterhin tun. Ich muss jedoch entsprechend meinen Möglichkeiten und der Art und Weise, wie sich meine Situation verbessert, abwägen. Reisen zwingt uns dazu, uns anzupassen – es lässt uns aus dem Alltag ausbrechen und neue Dinge entdecken. Das ist für mich sehr wertvoll und ich hoffe, dass ich bald wieder reisen kann.
Und mein letztes Wort richtet sich an alle Menschen mit ähnlichen Problemen: Geben Sie nicht auf, glauben Sie an sich selbst! Ich bin mir bewusst, dass es schwer ist, aber Sie sollten wissen, dass die meisten Anstrengungen belohnt werden. Ich sende Ihnen meine volle Unterstützung für diese Prüfung, die Sie bestehen müssen.»