Man ist nie alleine

Erfahrungsbericht von David K., Betroffener

Erfahrungsbericht von David K., Betroffener

"Jetzt habe ich bei meinen Spaziergängen immer Begleitung."

Nach meiner Hirnblutung vor sieben Jahren stellte ich fest, dass mir Spaziergänge an der frischen Luft extrem guttun. Ich war schon immer ein Bewegungsmensch und jeder Fortschritt in der Physiotherapie und dem Krafttraining waren für mich grosse Erfolgserlebnisse. Obwohl ich sehr gerne mit Begleitung unterwegs bin, sind Spaziergänge mit anderen Personen meist sehr belastend. Während dem Laufen auch Gespräche mit anderen aufrecht zu erhalten, ist eine grosse Anstrengung – deshalb kam ich teilweise geistig ganz kaputt nach Hause. Positive Auswirkungen des Spaziergangs waren dann vom negativen überschattet. Aber immer alleine zu Spazieren macht auch keine Freude.

Meine Frau kam deshalb zwei Jahre nach der Hirnblutung mit der Idee, dass wir uns einen Hund anschaffen könnten. Eine Blindenhund-Schule hatte dann auch tatsächlich einen Zuchthund, für den sie nach einer Betreuung suchten. Da kam plötzlich die grosse Angst: Schaffe ich das? Kann ich wirklich für diesen Hund sorgen? Haben wir uns das gut überlegt?

Meine Sorgen brachte ich zur psychologischen Beratung und redete auch mit meiner Frau darüber. Sie versicherte mir, dass sie mich unterstützen wird und wenn nötig auch die Verantwortung übernehmen kann. Mir fiel ein riesiger Stein vom Herzen und wir sagten zu: wir kümmern uns um Bignia.

Als Zuchthündin für eine Blindenhundschule war sie bereits sehr gut erzogen, was uns schon sehr viel Arbeit abgenommen hat. Ich bin davon überzeugt, dass es mit einem Welpen nicht funktioniert hätte, weil diese enorm viel Zeit und Energie benötigen. Bignia hat ein wundervolles Gemüt und ihre ruhige Art war und ist immer noch ein wahrlicher Segen – auch wenn ich heute nicht mehr so Geräuschempfindlich bin wie früher. Ihre Gegenwart wirkt sehr beruhigend und da sie als Labrador ein grosser Hund ist, kann man sie richtig gut kuscheln.

Jetzt habe ich bei meinen Spaziergängen immer Begleitung. Ich kann mit ihr belanglos reden, wenn ich möchte – und das muss auch keinen Sinn oder Zusammenhang haben. Auch wenn ich nur schweige, stört sie das nicht.

Bignia ist ein unabdingbarer Teil meines Lebens geworden. Man darf aber nicht vergessen, dass nicht immer alles Spass macht. Regelmässig und bei jedem Wetter raus müssen, sie danach putzen und sich auch mal von ihrer nassen Zunge «putzen» lassen – das ist auch anstrengend. Es gibt viele Faktoren, die mir entgegengekommen sind: dass Bignia bereits gut erzogen war, ihr gutes Gemüt, die Unterstützung meiner Frau. Zu früh nach der Hirnverletzung hätte es auch nicht geklappt – ich musste mich im neuen Leben zuerst orientieren können. Deshalb ist für mich eine Frage ganz zentral, die man sich vor der Anschaffung eines Haustieres stellen sollte:: Reicht mein Energiehaushalt?

Wer diese Frage mit «ja» beantworten kann und auch Möglichkeiten hat zwischendurch etwas Arbeit abzugeben – dem kann ich einen Hund wärmstens empfehlen!

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