Entlastung von Angehörigen – Entwicklungen der letzten Jahre

Nach einer Vernehmlassung des Bundesrates zum «Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung» veröffentlichte FRAGILE Suisse am 4. September 2019 ein Positionspapier mit konkreten Forderungen.

Nach einer Vernehmlassung des Bundesrates zum «Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung» veröffentlichte FRAGILE Suisse am…

Eine Ansammlung von vielen Menschen. Im Vordergrund wird ein Schild hochgehalten auf dem Steht "Même Liberté"

Das Positionspapier bezog sich auf zwei Herausforderungen für betreuende Angehörige:

  • Unzureichende Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung sowie -pflege
  • Mangel an geeigneten Betreuungsangeboten für Menschen mit Hirnverletzung (Tagesstrukturen und Heime), dank denen betreuende Angehörige Entlastung erhalten

Auf dessen Basis forderten wir, dass mehr geeignete Angebote für Menschen mit Hirnverletzung entstehen müssen, die schweizweit verteilt sind. Da die Kantone für Betreuungsangebote zuständig sind, forderten wir den Bund auf, die Kantone für folgendes zu verpflichten: genügend geeignete Strukturen zur Verfügung stellen (stationär, ambulant, Betreuung zu Hause) und für die Finanzierung dieser Strukturen zu sorgen.

Neben dem Positionspapier hat FRAGILE Suisse den grösseren Parteien der Schweiz auch Fragen zu diesem Thema gestellt. Das Positionspapier, sowie die Antworten auf diese Fragen finden Sie hier:

Positionspapier (PDF)

Antworten der Parteien (PDF)

Was hat sich seither getan?

Im Oktober 2020 wurde entschieden, das neue Bundesgesetz über die Verbesserung der Vereinbarkeit von Erwerbstätigkeit und Angehörigenbetreuung in zwei Etappen umzusetzen.

1. Etappe: (per 1. Januar 2021 in Kraft getreten)

  • Bei kurzen Abwesenheiten wird der Lohn weiterhin bezahlt
  • Betreuungsgutschriften der AHV werden ausgeweitet
  • Der Anspruch auf Intensivpflegezuschlag und Hilflosenentschädigung wird bei der IV für Kinder angepasst
  • Korrektur an der Reform der Ergänzungsleistungen: die anrechenbaren Mietkosten einer Wohngemeinschaft werden angepasst

2. Etappe: (per 1. Juli 2021 in Kraft getreten)

  • Eltern erhalten 14 Wochen bezahlten Urlaub für die Betreuung von schwer kranken oder verunfallten Kindern

Genaueres dazu können Sie hier nachlesen:

Medienmitteilung: Inkrafttreten des Bundesgesetzes zur Unterstützung von betreuenden Angehörigen

Dieses Bundesgesetz berücksichtigt vor allem angehörige Eltern und eine Betreuung über kürzere Zeit –  für die Langzeitbetreuung von erwachsenen Betroffenen gibt es keine ausserordentlichen Leistungsansprüche. Auch wurden die Kantone nicht dazu verpflichtet, Strukturen aufzubauen, respektive zur Verfügung zu stellen.

2021 und 2023 wurden Forderungen für eine Definition der Rechtsstellung von betreuenden Angehörigen eingereicht. Der Bundesrat erachtet eine einheitliche juristische Definition weder als zielführend noch umsetzbar. Die realen Umstände sind bei allen Angehörigen unterschiedlich, somit auch ihre Bedürfnisse. Eine Vereinheitlichung könne auch zu neuen Pflichten für betreuende Angehörige führen, die sie davon abhalten könnten, diese Rolle überhaupt zu übernehmen.

Politisches Manifest von FRAGILE Suisse

Nach dem Positionspapier vom September 2019 veröffentlichten wir Anfang 2022 auch ein politisches Manifest. Dieses richtet sich an die Politik, das Sozial- und Gesundheitswesen, Bildungsinstitutionen, Arbeitgebende sowie die allgemeine Öffentlichkeit. Es enthält verschiedene Forderungen zugunsten von Menschen mit Hirnverletzung, sowie konkret noch einmal die Forderung, dass betreuende Angehörige entlastet werden müssen – auch bei der Betreuung von erwachsenen Familienmitgliedern.

Unseren Beitrag zum Manifest finden Sie hier. Er enthält eine Zusammenfassung der wichtigsten Punkte, sowie einen Link auf das vollständige Dokument.

Kein Stillstand

Dieser Artikel liefert nur einen Einblick in das komplexe politische Geschehen. Obwohl die Kantone nicht konkret verpflichtet wurden, werden immer wieder neue Massnahmen erarbeitet und umgesetzt. Grundsätzlich gilt: was Betroffene unterstützt, entlastet auch Angehörige. Dazu gehören zum Beispiel die Inklusions-Initiative auf nationaler Ebene oder das neue Angebot SEBE im Kanton Zürich.

Seit einigen Jahren arbeitet FRAGILE Suisse daran, die Anerkennung unseres Angebots Begleitetes Wohnen in den Kantonen zu erhalten. Eine Anerkennung bedeutet unter anderem, dass das Begleitete Wohnen finanziell unterstützt wird. Das vermindert die Kosten für unsere Klient:innen und entlastet sie – oder ermöglicht erst den Zugang zum Angebot. In den letzten zwei Jahren haben die Kantone Bern und Zug das Begleitete Wohnen von FRAGILE Suisse anerkannt und es besteht ein laufender Prozess für den Kanton Zürich. Unsere Wohnbegleiter:innen unterstützen Betroffene in der Gestaltung und Organisation ihres Alltags. Dies mit dem Ziel, dass sie weiterhin daheim statt im Heim leben können und ihre Selbstständigkeit zurückerlangen. Dadurch resultiert auch eine anhaltende Entlastung für Angehörige.

Werden Sie aktiv