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Damien C.: «Heute fühle ich mich gut»

Mit 17 Jahren erleidet Damien C. ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. 24 Jahre später lebt er wieder selbstständig.

Mit 17 Jahren erleidet Damien C. ein schweres Schädel-Hirn-Trauma. 24 Jahre später lebt er wieder selbstständig.

Foto: Francesca Palazzi

Unweit von Genf lässt der Vorort Lignon die Besucher, die zum ersten Mal hier sind, staunen. Zwei riesige, 26 und 30 Stockwerke hohe Wohnblöcke überragen das Quartier, das Architekten aus aller Welt inspiriert. Damien C. lebt seit vielen Jahren hier und zeigt uns seinen Wohnort mit viel Elan. Wir fahren im höheren Block bis ganz nach oben, um die Aussicht zu geniessen.

Wenn plötzlich alles anders ist

15. Juli 1995: Dieses Datum wird Damien C. nie vergessen. Mit Freunden und seinem Bruder geht er inline-skaten, sie haben es lustig und werden risikofreudig. Damien C. wechselt vom Trottoir auf die Strasse und fährt verbotenerweise auf der Busspur hinunter. «Ich habe den Töff nicht kommen sehen», erzählt er. Der Zusammenprall ist heftig, Damien C. wird acht Meter durch die Luft geschleudert. «Ich bin mit dem Kopf aufs Trottoir gekracht und habe das Bewusstsein verloren.» An diesem Tag trägt er keinen Helm. Die Ambulanz ist in weniger als zehn Minuten vor Ort und bringt Damien C. sofort ins Universitätsspital Genf (HUG), wo er drei Wochen im Koma liegt. Als er aufwacht, ist nichts mehr wie zuvor. Lachend erzählt er: «Am Anfang habe ich ständig nach der Pflegerin gerufen, ich habe einfach nicht begriffen, dass es dafür eine Klingel gab. Sie hat sie mir mehrmals gezeigt, und als ich es endlich kapiert habe, habe ich ununterbrochen geklingelt.» Danach verbringt er vier Monate in der Reha im Hôpital Beau-Séjour. «Ich musste alles neu lernen: Zähne putzen, mich rasieren, mit Besteck essen.» Zuerst sitzt er im Rollstuhl, lernt aber wieder gehen. Wie immer sieht Damien C. aber auch hier das Positive: «Trotz allem habe ich gute Erinnerungen an diese Zeit. Insbesondere die Gespräche mit den Physio- und Ergotherapeuten habe ich geschätzt.»

Sichtbare und unsichtbare Behinderungen

Damien C. lebt allein. In seiner Wohnung hängen überall Merkzettel, die ihm helfen, sich zurechtzufinden: «Diese Seife nicht zum Händewaschen verwenden», «Treffen mit FRAGILE Suisse um 9.30 Uhr». Mit der Zeit hat er gelernt, mit den Folgen des Schädel-Hirn-Traumas zu leben. Einige sind sichtbar, wie die halbseitige Lähmung, von der besonders ein Bein betroffen ist. «Früher habe ich mich dafür geschämt. Ich konnte sehr schlecht gehen und dachte, die Leute meinen, ich sei betrunken. Heute hinke ich noch, aber so ist es nun mal, es hat keinen Sinn, sich darüber den Kopf zu zerbrechen.» Andere Folgen sind unsichtbar. Damien C. hat manchmal Schwierigkeiten, Wörter zu finden, und kämpft mit grosser Müdigkeit. Er muss auch seine Reizbarkeit im Zaum halten: «Wenn ich mit jemandem nicht gleicher Meinung bin, ist es manchmal schwierig. Aber heute bin ich viel geduldiger.» Er hat zudem Gedächtnisschwierigkeiten. Um etwas dagegen zu tun, besucht er den Kurs von FRAGILE Suisse «Gehirntraining: Gedächtnis und Aufmerksamkeit». «Ich lerne dort Strategien kennen, um im Alltag Dinge nicht zu vergessen.»

Er erinnert sich kaum an sein Leben vor dem Unfall. «Zum Glück aber habe ich meine Ausbildung zum Elektriker nicht vergessen, ich liebe es immer noch, Elektroarbeiten auszuführen», erzählt er begeistert. Er kann nicht arbeiten und bezieht eine IV-Rente, er hilft aber gerne der Familie und Freunden bei der Installation einer Lampe oder repariert einen Schalter.

Das Leben in vollen Zügen geniessen

Trotz der Folgen seiner Hirnverletzung ist Damien C. sehr aktiv und ein Genussmensch. Er engagiert sich in verschiedenen Organisationen wie dem WWF und Terre des Hommes, ist offenherzig und ist gerne nützlich. In den Ferien reist er im Auto durch Frankreich und besucht Freunde. «Ich bin sehr stolz darauf, dass ich trotz meines Unfalls Auto fahren kann.» Er liebt Paris und sammelt Miniatur-Eiffeltürme als Souvenirs seiner Reisen. Viel Zeit verbringt er auch mit seinen Eltern, denen er sehr nahesteht. Seine Mutter Françoise hat ihn zu FRAGILE Genève mitgenommen. Sie ist dort Vorstandsmitglied und zuständig für die Aktivitäten und Ausflüge des Vereins. Seit 2005 nimmt Damien C. regelmässig an Treffen der Selbsthilfegruppe für Betroffene teil. «Davor habe ich den Leuten viel über meine Hirnverletzung erzählt, aber ich fühlte mich oft unverstanden. In der Selbsthilfegruppe ist dieses Gefühl verschwunden.»

Er mag auch das «Café FRAGILE», in dem er mit anderen Vereinsmitgliedern ganz ungezwungen einen Kaffee trinken kann. Velofahren, Schwimmen und täglich ein Waldspaziergang: Sport ist ebenfalls ein grosses Hobby. Seit seinem Unfall ist Damien C. die Prävention ein wichtiges Anliegen: «Ob auf dem Velo oder mit Rollschuhen: wichtig ist, einen Helm zu tragen.»

Prävention: Helm tragen

Jedes Jahr erleiden in der Schweiz 5000 Personen ein Schädel-Hirn-Trauma. Ursache sind meistens äussere Faktoren wie Verkehrs- und Sportunfälle sowie Stürze. Als Vorsichtsmassnahme zum Schutz vor Hirnverletzungen wird bei für das Gehirn potenziell gefährlichen Aktivitäten wie Inlineskaten, Trottinett-, Velo- oder Skifahren empfohlen, einen Helm zu tragen.

Text: Johannie Fort

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