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Auch junge Menschen sind betroffen

Jedes Jahr erleiden in der Schweiz etwa 4500 Menschen zwischen 20 und 40 Jahren eine Hirnverletzung durch Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Hirntumor oder eine andere Krankheit.

Jedes Jahr erleiden in der Schweiz etwa 4500 Menschen zwischen 20 und 40 Jahren eine Hirnverletzung durch Schlaganfall, Schädel-Hirn-Trauma, Hirntumor oder eine andere Krankheit.

Foto: Francesca Palazzi

«Ich stand mitten im Leben, hatte gerade mein Jura- Studium begonnen», erzählt Rosella Giacomin. Die damals 25-Jährige riss ein mittelschweres Schädel-Hirn- Trauma durch einen Reitunfall aus der Bahn. Nichts mehr war wie vorher. Ihre Pläne, Jura zu studieren und eine Familie zu gründen, wurden über den Haufen geworfen. «Das Schwierigste war, sich selber einzugestehen, dass man nicht mehr so ist wie vorher», sagt die heute 46-Jährige.

Zurück im Alltag kämpfen Betroffene meist auch mit unsichtbaren Folgen der Hirnverletzung: Konzentrationsprobleme, eingeschränkte Leistungsfähigkeit, schnelle Ermüdung, Wesensveränderungen oder Lärmempfindlichkeit. «Viele holen sich keine Hilfe, weil sie denken, dass sie das alleine schaffen oder schaffen müssen», sagt Silvia Spaar-Huber, Bereichsleiterin Beratung bei FRAGILE Suisse. Sind junge Erwachsene betroffen, nutzen eher ihre Eltern die Möglichkeit der Beratung.»

Mehr Verständnis und Akzeptanz

«Die Folgen einer Hirnverletzung bei jüngeren Menschen sind nicht anders als bei älteren. Dennoch kämpfen sie mit anderen Problemen», sagt Anja Ronneburger, Beraterin bei FRAGILE Suisse. Nicht viele verfügen da schon über ein berufliches Netzwerk, vielleicht ist der Berufseinstieg noch nicht einmal vollzogen. «Es ist nicht einfach für sie, im Freundeskreis zuzugeben, dass sie nicht mehr sind wie vorher und nicht mehr die gleichen Dinge machen können», so Ronneburger. Junge Betroffene sind nach einer Hirnverletzung vielleicht schnell wieder fit. Sie kehren zurück ins Arbeitsleben, in den Freundeskreis und merken, dass doch nichts mehr so ist und geht wie vorher. Vormals Aktive können sportlich nicht mehr mithalten. Menschenmengen an Konzerten oder Partys, Lärm und laute Musik werden plötzlich zur Qual. Oft geht das alles einher mit Unver-ständnis von Freunden und Kollegen. Die betroffene Person zieht sich zurück. «Ich selber habe mich zwar nicht zurückgezogen, aber einige Freunde», erinnert sich Rosella Giacomin. «Man muss versuchen zu akzeptieren, dass sich die Richtung im Leben geändert hat. Dann sieht man aber auch, dass diese neue Richtung unendlich viele Möglichkeiten und Wege bietet, an die man vorher gar nicht gedacht hat.»

Ein weiteres Problem, womit junge Betroffene eher zu kämpfen haben: «Die wenigsten haben ein finanzielles Polster, auf das sie zurückgreifen können», erklärt Silvia Spaar-Huber. «Eben haben sie sich vom Elternhaus gelöst, schon sind sie wieder auf die Hilfe und Unterstützung der Eltern angewiesen.» Das kann für beide Parteien schwierig sein.

Die beiden Beraterinnen von FRAGILE Suisse sind sich einig, dass bei der Bevölkerung das Bewusstsein gestärkt werden muss, dass auch junge Menschen von einer Hirnverletzung betroffen sein können. Das findet auch Rosella Giacomin. «Von der Gesellschaft braucht es mehr Verständnis und Akzeptanz uns Betroffenen gegenüber.»

Text: Carole Bolliger

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